Konstantin war einer der großen Reformer des römischen Heeres, vergleichbar in dieser Hinsicht mit Kaisern wie Augustus, Septimius Severus oder Diokletian. Tatsächlich bildete das während seiner über dreißigjährigen Herrschaft umstrukturierte „neue“ Heer die Grundlage der römischen Militärmacht im 4. und 5. Jahrhundert. Allerdings hatten sich bereits im Laufe des 3. Jahrhunderts bedeutende Veränderungen in der militärischen Struktur des Imperiums vollzogen, sodass Konstantin in einigen Bereichen lediglich bestimmte Entwicklungen zu einem Abschluss brachte. Eine davon war, wie wir im Folgenden sehen werden, die Verkleinerung der Einheiten.

Die militärischen Reformen Konstantins entwickelten sich seit seinem Machtantritt im Jahr 306, wobei die wichtigsten ab seiner Alleinherrschaft (324–337) umgesetzt wurden. Besonders hervorzuheben ist dabei sein tiefgreifender Eingriff in die militärische Führungsspitze des Imperiums. So wurde der zuvor allmächtige Prätorianerpräfekt in einen hohen zivilen Beamten umgewandelt. Im Einklang mit dieser Maßnahme wurde das Kommando über das Heer auf zwei „Kaiserliche Generalstabschefs“ aufgeteilt: einen Magister Militum, der die gesamten Infanterieeinheiten befehligte, und einen Magister Equitum, der die Reiterei anführte. Damit beabsichtigte Konstantin, jedem potenziellen Thronanwärter die Möglichkeit zu nehmen, die Kontrolle über beide Hauptzweige der Streitkräfte zu erlangen.

Was die Infanterie betrifft, so wurden seit der Mitte des 3. Jahrhunderts, insbesondere ab der Zeit Galienus’ (253–268), zahlreiche Abteilungen (vexillationes), die aus den Legionen stammten, dauerhaft im mobilen kaiserlichen Feldheer (comitatus) eingesetzt. Diokletian (285–305) schuf zwar mehrere Legionseinheiten mit traditioneller Organisationsstruktur (zehn Kohorten, etwa fünftausend Soldaten), griff letztlich jedoch ebenfalls auf die fortschreitende Aufsplitterung dieser Kräfte in vexillationes zurück. Dies dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit den Ursprung der von Konstantin vorgenommenen Umstrukturierung darstellen, denn zu Beginn des 4. Jahrhunderts operierten die Legionen bereits relativ verstreut in Abteilungen von etwa fünfhundert bis tausend Mann. Kleinere vexillationes legionärer Herkunft hatten zwar nur begrenzten taktischen Wert, wurden jedoch für Aufgaben wie Garnisonsdienst, Kontrolle und Überwachung eingesetzt. Der Schritt, diese Abteilungen organisatorisch von ihren ursprünglichen Einheiten zu lösen, wäre daher relativ einfach gewesen.

Die von Konstantin gefestigte Struktur der Legionseinheiten mit etwa tausend Soldaten blieb während des gesamten 4. Jahrhunderts bestehen. Diese Maßnahme dürfte für viele der bereits existierenden Einheiten keinen bedeutenden Wandel bedeutet haben, da zahlreiche vexillationes legionärer Herkunft über so lange Zeiträume hinweg im Einsatz waren, dass sie faktisch fast unabhängig von ihrer Mutterlegion geworden waren. Die unter Konstantin neu aufgestellten Legionseinheiten dürften dieses verkleinerte Modell von Anfang an übernommen haben. Schließlich hatten sowohl die neuen Reitereikontingente (ebenfalls als vexillationes bezeichnet) als auch die älteren alae und Kohorten der Auxiliarinfanterie eine Sollstärke von etwa 600 Mann.

La unificación del Imperio por Constantino el Grande (306-324)

Legionrn / Auxilia: gleiche Bezeichnung, unterschiedliche Realität

Während der konstantinischen Zeit, wie auch im gesamten 4. Jahrhundert, bildete die Infanterie das Rückgrat des römischen Heeres und entschied über Sieg oder Niederlage, während die Reiterei Aufgaben wie Aufklärung, Vorhutdienste und Flankenschutz übernahm. Die Infanterieeinheiten behielten weiterhin die traditionellen Bezeichnungen Legionen und Auxilia bei, und es ist möglich, dass einige der Grenzlegionen noch eine Organisation aufwiesen, die der früherer Epochen ähnelte, indem sie aus mehreren Kohorten bestanden (wobei sie jedoch niemals die traditionelle Zahl von zehn Kohorten der ersten Jahrhunderte des Imperiums erreichten). Die große Reform dieser Einheiten erfolgte nach Konstantins Sieg über Licinius im Jahr 324.

Während des Prinzipats war der Großteil des Heeres in den Grenzprovinzen stationiert. Severus (193–211) siedelte die Legio II Parthica in der Nähe Roms an und kombinierte sie mit der Prätorianergarde, um eine relativ bedeutende Streitmacht in seiner unmittelbaren Verfügung zu haben. Gallienus (253–268) konzentrierte vexillationes der Legionen sowie Elitekavallerieeinheiten in Norditalien. Diokletian und Maximian (285–305) versammelten hochwertige Einheiten in ihren comitatenses (Bewegungstruppen), darunter auch einige pannonische Elitelegionen. Traditionell nahm man an, dass diese Tendenz, Truppen im Inneren des Reiches zu konzentrieren, mit der Notwendigkeit strategischer Reserven zusammenhing, die es dem Kaiser ermöglichten, auf feindliche Einfälle zu reagieren, die von den entlang der Grenze eingesetzten Truppen nicht aufgehalten werden konnten. Diese Auffassung wird jedoch nicht durch die Quellenlage gestützt; vielmehr scheint der comitatus als letztliche Machtbasis des Kaisers gegenüber potenziellen politischen Rivalen zu betrachten zu sein. Die Kontrolle über ein solches Heer erhöhte zudem die Wahrscheinlichkeit, die Unterstützung der Provinzen zu gewinnen, die bestrebt waren, angesichts lokaler Probleme durch eine solche Truppenkonzentration Schutz zu erhalten. All diese Kräfte bildeten die Grundlage der Feldheere, wenn der Kaiser einen äußeren Krieg beginnen oder einen inneren Konflikt bewältigen musste. Auf diese Weise boten die Feldheere dem Kaiser persönliche Sicherheit und die Möglichkeit, den Krieg dorthin zu tragen, wo er erforderlich war — sie blieben jedoch stets ein zweischneidiges Schwert. Ein Kaiser konnte es sich nicht leisten, eine Truppenkonzentration an einem Ort zuzulassen, wo sie von einem Rivalen bestochen werden konnte, und musste deshalb eine strenge Kontrolle über die comitatenses ausüben.

Spataha Romana

Konstantin, im Einklang mit den zuvor genannten Entwicklungen und aus dem Bedürfnis nach operativer Effizienz heraus, entzog den Grenztruppen schrittweise die besten Einheiten, um sie als strategische Reserve bereitzuhalten und für den Einsatz verfügbar zu machen. Damit verallgemeinerte er ein System, das sich zwischen 313 und 324 herausgebildet hatte, als er die Grenzen seines Reichsteils überwachen und zwei Bürgerkriege (gegen Maxentius und Licinius) führen musste. Die Bestätigung dieser neuen Doktrin erfolgte durch eine constitutio im Jahr 325, mit der er das Heer neu strukturierte: Es gliederte sich fortan in Eingreiftruppen (comitatenses), Grenztruppen (ripenses) sowie Soldaten der Alae und Kohorten (alares und cohortales). Mitte des 4. Jahrhunderts wurden die beiden letztgenannten Gruppen unter dem Begriff der limitanei (Grenztruppen) zusammengefasst, wobei die Zahl der Einheiten durch die pseudocomitatenses (an das mobile Heer überführte Grenztruppen) noch erweitert wurde.

Die Vereinigung des Reiches unter Konstantin dem Großen (306-324)  

Die ripenses konstantinischen Typs waren auf die verschiedenen Grenzforts verteilt, und ihre Aufgabe bestand darin, das ihnen zugewiesene Gebiet zu schützen. Neben ihrer Rolle als Abschreckung gegen Angriffe übernahmen diese Truppen auch Polizeifunktionen und sicherten die innere Ordnung, indem sie als Verteidigung gegen Banditentum agierten und die kaiserlichen Beamten unterstützten, etwa als Steuereintreiber und Magistrate. Diese Kontingente standen unter dem Kommando von „Herzögen“ (duces limitis), die für ein bestimmtes Grenzgebiet mit den ihnen zugewiesenen militärischen Einheiten verantwortlich waren. Im Falle eines tiefen Eindringens des Feindes hatten diese Grenztruppen den Befehl, an ihrem Standort zu bleiben und auf Verstärkungen zu warten, die die Aggression beenden sollten. Es handelte sich dabei keinesfalls um eine lokale Miliz von Bauern-Soldaten, wie manchmal behauptet wird, sondern um reguläre Heereinheiten. Tatsächlich konnten die limitanei, obwohl sie gegen Bedrohungen von niedriger Intensität eingesetzt wurden, auch in die Feldarmeen integriert werden, die in der jeweiligen Region operierten. Die Einheiten, die über längere Zeiträume einem Feldheer zugeteilt wurden, nahmen den Rang der pseudocomitatenses an.

Die comitatenses bildeten ihrerseits das Bewegungsherr (comitatus), dessen Vorgänger, wie weiter oben im 3. Jahrhundert n. Chr. erwähnt, sich herausgebildet hatten. Dieses mobile Heer bestand aus Abteilungen, die von den alten Legionen an den Grenzen abgetrennt wurden, sowie aus neu eingegliederten Einheiten; diejenigen, die zuvor zu den Legionen des vorherigen Zeitraums gehört hatten, behielten ihren Namen und ihre Ordinalzahl bei. Die meisten neuen Einheiten wurden von Konstantin rekrutiert. Da es sich um mobile Truppen handelte, hatten die Heere der Bewegung keine festen Kasernen und ihre Zusammensetzung variierte je nach der Bedrohung, der sie gegenüberstanden. Wie bereits erwähnt, ernannte Konstantin zwei hochrangige Untergebene, den magister equitum und den magister peditum, unter deren Kommando die comites standen, die wiederum die unteren Abteilungen kommandierten. Dieses Heer, wenn der Kaiser es anführte, erhielt den Titel Praesentalis.

In den Heeren der Bewegung stellte der Großteil der Infanterie die auxilia palatina dar, Elitetruppen, die ab Konstantin rekrutiert wurden. Jede dieser Einheiten zählte möglicherweise etwa 500 Mann, aber ihre Stärke im Feld scheint nicht mehr als 300 oder 400 zu betragen. Sowohl die konstantinischen Legionen als auch die Truppen der auxilia palatina kämpften in geschlossenen Formationen, um den Feind im Nahkampf zu besiegen. Es scheint jedoch, dass letztere Truppen flexibler waren und die Fähigkeit besaßen, Belagerungsoperationen durchzuführen, wobei sie mit einer leichteren Ausrüstung kämpften als die, die sie trugen, wenn sie an vorderster Front kämpften.

Cota de malla tardorromana

Die Legionen reduzierten unter Konstantin schließlich ihre Stärke auf etwa tausend Soldaten (das Äquivalent von zwei hohen Imperium-Kohorten). Diese neue Organisation verlieh ihnen mehr Flexibilität, begrenzte sie jedoch auch in der Art von Operationen, denen sie begegnen konnten. Es gab auch ein komplexes System der Vorherrschaft zwischen den Einheiten, mit Titeln wie seniores und iuniores, wahrscheinlich als Ergebnis der Aufteilung einiger Kontingente zu einem unbekannten Zeitpunkt. Die Struktur der kleineren Einheiten erfuhr ebenfalls einige Änderungen; während dieses Zeitraums bestand die Centurie aus hundert Mann (statt der traditionellen achtzig) unter dem Kommando eines centenarius (entspricht dem Rang eines Centurionen), während die „Zellen“ aus zehn Mann (statt der acht des contubernium des hohen Imperiums) bestanden und von einem decanus geführt wurden.

Die Feldarmeen waren mobil, insofern als sie, im Gegensatz zu den limitanei/ripenses, nicht einer bestimmten Grenzregion zugewiesen waren, die in ihrer Abwesenheit leiden könnte. Ihre Abberufung von den Grenzen und ihre Konzentration, normalerweise in oder in der Nähe von Städten, bedeutete theoretisch, dass sie keine Aufgaben wie Polizei- oder Verwaltungsfunktionen übernehmen sollten. Doch sollte man ihre Mobilität und Verfügbarkeit als strategische Reserve nicht übertreiben, da die Geschwindigkeit dieser Armeen durch die Marschgeschwindigkeit des Infanteristen begrenzt war. Eine noch entscheidendere Einschränkung war die Notwendigkeit, eine sich bewegende Streitmacht im Einsatzgebiet mit Nachschub zu versorgen.

Konstantin gründete außerdem eine neue Kaiserliche Garde nach dem endgültigen Verschwinden der Prätorianer im Jahr 312. Nachdem er dieses Korps aufgelöst hatte und die Überlebenden unter den Legionen an den Grenzen des Imperiums verteilt hatte, bestand die persönliche Garde des Kaisers aus den scholae, Einheiten, die einige germanische Kontingente umfassten, die ihn in seinen früheren Feldzügen begleitet hatten. Für seine Leibwache hatte der Kaiser auch protectores domestici, die bereits im letzten Drittel des 3. Jahrhunderts geschaffen wurden und ebenfalls eine wichtige Quelle für Offiziere darstellten. Die scholae palatinae, Elite-Kavallerieeinheiten vom Typ quingenarius (etwa 500 Mann Stärke), besaßen beeindruckende Kampffähigkeiten. Tatsächlich, obwohl ihre Zahl nie mehr als elf oder zwölf überstieg, werden diese Einheiten in den Quellen oft wegen ihrer Interventionen im Feldzug zitiert.

Ausrüstung und Taktiken

Die Körperpanzerung der schweren Infanterie im Heer Constantins bestand aus einer Rüstung (aus Ketten, Schuppen und in geringerem Maße anatomischen Rüstungen, vor allem für die Offiziere; ein gewisser Anteil an Segmentata war zu Beginn des 4. Jahrhunderts (1) weiterhin in Gebrauch), einem Schild (rund oder oval, mit einem zentralen Metall-Umbo) und einem Helm (Spangenhelm, Intercissa, Burgh Castle; exklusivere Modelle wie die Berkasovo- oder Deurne-Helme (siehe Bild) waren für die Offiziere reserviert; tatsächlich trug Konstantin ein Berkasovo-Modell, das reich mit Edelsteinen verziert war, während der Schlacht an der Milvischen Brücke im Jahr 312). Als Angriffwaffen trugen sie neben der Spatha auch verschiedene Wurfgeschosse wie das Spiculum oder die Plumbata, sowie eine leichtere Art von Wurfspeer als das alte Pilum, die Lancea (bereits seit Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. weit verbreitet). Für leichte Einsätze ist es wahrscheinlich, dass die Truppen nur mit Wurfspeeren, Darts und Schilden ausgerüstet waren. Die Taktiken der Infanterie im 4. Jahrhundert waren weniger aggressiv als während der Prinzipatszeit. Der Wurf des Pilum vor dem Zusammenstoß wurde durch eine weitaus überlegene Salve von Darts, Wurfgeschossen und Pfeilen als sofortige Unterstützung ersetzt. Angriffe der barbarischen Infanterie wurden normalerweise mit fester Fußstellung abgewehrt, wobei die Moral geopfert wurde, um die Kohäsion der römischen Linie zu sichern, nachdem so viele Wurfwaffen wie möglich abgefeuert worden waren. Im Falle der sassanidischen Perser und ihrer großen Anzahl an Bogenschützen war es üblicher, die Ordnung zugunsten eines schnellen Vorstoßes zu opfern, um die durch die feindlichen Pfeile verursachten Verluste zu minimieren.


Casco Deurne_1.jpg

Die Stoßtaktiken des Prinzipats waren wahrscheinlich effektiver, um ein entscheidendes Ergebnis im Nahkampf zu erzielen und eine Schlacht zu gewinnen; außerdem war die Legion mit fünftausend Soldaten für große Gefechte ausgelegt. Während das römische Heer im 4. Jahrhundert weiterhin großen Wert auf den Einsatz von Reserven legte und normalerweise in mehreren Linien aufgestellt wurde, hätte die kleinere Größe seiner Einheiten ihre Erfahrung in gegenseitiger Unterstützung verringert. Dennoch blieben die milites Constantins professionelle Berufssoldaten, obwohl einige Formen der Wehrpflicht zu gängigeren Rekrutierungsmethoden wurden als die freiwillige Einschreibung. Die Söhne der Soldaten wurden verpflichtet, im Heer zu dienen, und die örtlichen Landbesitzer wurden gezwungen, eine Quote von Männern bereitzustellen. Der Militärdienst war nicht immer beliebt, und es gab häufig Versuche, sich ihm zu entziehen. Dennoch schienen sich die Männer nach ihrer Einberufung ins Heer an die militärische Laufbahn zu gewöhnen. Die Quellen erwähnen häufig Desertionen, aber dies war immer ein Problem für das Berufsheer, und es ist unmöglich zu sagen, ob die Situation sich verschlechtert hatte oder nicht.

Einige Kontingente der Armee wurden ganz oder teilweise aus den Barbaren jenseits des Imperiums rekrutiert. Viele Rekruten stammten von den Laeti, barbarischen Gruppen, die sich im römischen Gebiet niedergelassen hatten. Der Einsatz solcher ausländischen Truppen hatte eine lange und angesehene Geschichte, und es gibt nur wenige Beweise, die darauf hindeuten, dass die Qualität der Armee durch die Rekrutierung von „Barbaren“ gemindert wurde. Besonders die Offiziere wurden in Gebieten eingesetzt, die weit von ihrer Heimatregion entfernt waren, aber die meisten ausländischen Rekruten scheinen froh gewesen zu sein, für Rom zu kämpfen, sogar gegen ihr eigenes Volk. Die Übernahme des germanischen Kriegsgeschreis, des Barritus, durch einige römische Infanterieeinheiten scheint eine Folge des Einflusses der germanischen Rekruten gewesen zu sein; es könnte ebenso von den Römern übernommen worden sein, weil sie wussten, dass die Germanen es als einschüchternd empfanden.

Potentiell stellte das römische Heer unter Konstantin und seinen Nachfolgern eine äußerst schlagkräftige Kampftruppe dar. Sein Professionalismus, seine Disziplin, Ausbildung und Ausrüstung, gestützt durch ein gut organisiertes logistisches System, verschafften ihm erhebliche Vorteile gegenüber jedem Gegner. Unter kompetenter Führung war eine römische Armee in der Lage, zahlenmäßig überlegene feindliche Kräfte zu besiegen. Dennoch wurde die Ausschöpfung dieses Potenzials durch die unter Konstantin etablierte neue Kommandostruktur behindert, die auf allen Ebenen – vom Kaiser bis hinunter – stark segmentiert war und die Koordination von Operationen auf Reichsebene erschwerte. Die Vielzahl von duces und comites sowie die Trennung von ziviler und militärischer Verwaltung führten häufig zu Unklarheiten hinsichtlich der Zuständigkeit für Grenzprobleme und verzögerten die Mobilisierung und Versorgung von Heeren. Die häufigen Bürgerkriege, die einzigen Konflikte, in denen reguläre Feldschlachten stattfanden, verschwendeten das militärische Potenzial in kostspieligen Kampagnen und entblößten gleichzeitig die Grenzen, was das Anwachsen äußerer Bedrohungen begünstigte. Die einzige Machtbasis des Kaisers war das Heer selbst, doch die enge und unmittelbare Bindung zwischen Soldaten und Herrscher erhöhte zugleich die Gefahr von Usurpationen. Die Schwächung der zentralen Autorität begünstigte die Herausbildung regionaler Machtzentren, die nur durch die Präsenz von Truppen in Schach gehalten werden konnten. So standen zwar insgesamt mehr Soldaten unter Waffen, jedoch war es schwieriger geworden, Armeen von mehr als 20.000 Mann zu versammeln und gefährlich, sie über längere Zeiträume in einem bestimmten Gebiet operieren zu lassen.

Strategische Konzepte

Kurz nach der Nachfolge seines Vaters Constantius Chlorus im Jahr 306 begann Konstantin damit, die Verteidigungslinie am unteren Rhein wiederherzustellen und schuf neue Einheiten zu ihrer Sicherung. 306 unternahm er sogar einen Angriff auf die Brukterer jenseits des Flusses, womit er eine offensive Geisteshaltung wiederbelebte, die den anschließenden Befestigungsmaßnahmen vorausging. In dieser ersten Phase seiner Herrschaft müsste die Rheinverteidigung somit als vorgeschobene Verteidigung eingestuft werden. Zwischen 312 und 324 jedoch gab Konstantin diese Strategie auf, da er gezwungen war, Bürgerkriege gegen Maxentius und Licinius zu führen. Er stellte um Mailand herum eine Reserve seiner besten Truppen auf, um gegen Licinius’ Armee eingreifen zu können, ließ jedoch die Grenzen ungeschützt und setzte auf eine elastischere Verteidigung, die auf der Befestigung zahlreicher Städte und befestigter Punkte im Landesinneren beruhte. Diese sollten Invasoren aufhalten, bis das zentrale Eingreifheer heranrückte. Nach seinem Sieg über Licinius im Jahr 324 errichtete Konstantin eine Reihe von Festungen an den Ufern der Donau und in Pannonien, wobei er in diesem Operationsgebiet wieder zu einer linearen Verteidigungsstrategie zurückkehrte, die er am Rhein schrittweise aufgegeben hatte. Die Befestigungsmaßnahmen und die transdanubischen Feldzüge spiegeln daher eine Strategie der vorgeschobenen Verteidigung in jenen Phasen wider, in denen Konstantin nicht durch Bürgerkriege gebunden war. Tatsächlich waren zwischen 325 und 334 die comitatenses-Elitetruppen meist an den Grenzen stationiert und führten Feldzüge gegen äußere Feinde. In den letzten Regierungsjahren, von 334 bis 337, scheinen sich die Stoßtruppen jedoch bei gesicherter Grenzlage wieder ins Hinterland verlagert zu haben, was einen von Autoren wie Zosimos beschriebenen Trendwechsel bestätigt. Dennoch kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass es sich dabei um eine bewusste Strategieänderung hin zu einer sogenannten "Tiefenverteidigung" handelt, denn diese hätte impliziert, dass Rom akzeptierte, dass barbarische Angriffe tief ins Reichsgebiet vordringen könnten, bevor eine imperiale Reaktion erfolgte – verbunden mit erheblichen wirtschaftlichen und prestigegefährdenden Verlusten. Konstantin wie auch seine unmittelbaren Nachfolger dürften sich dieser Problematik sehr wohl bewusst gewesen sein, nicht zuletzt angesichts der Ereignisse in der Mitte des 3. Jahrhunderts. Rom akzeptierte daher nie bewusst eine passive Rolle gegenüber den Barbaren. Wann immer möglich, erfolgte die Antwort schnell und entschlossen, und gelegentlich reichten die Vergeltungsmaßnahmen über die Grenzen hinaus – ganz im Sinne früherer Strategien. Dass eine solche Reaktion nicht immer mit der gewünschten Schnelligkeit oder in ausreichender Stärke erfolgen konnte, war eine Folge der veränderten Umstände, nicht aber Ausdruck eines bewussten Verzichts seitens Roms und seiner Führung.

Anmerkungen

(1) Für weiterführende Informationen zur Lorica Segmentata steht Ihnen ein weiterer Artikel auf unserem Blog zur Verfügung.

(2) Für weiterführende Informationen zur Entwicklung der römischen Helme steht Ihnen ein spezieller Artikel auf unserem Blog zur Verfügung.

Kurze Bibliographie

- Cowan, R., Roman Legionary AD 284-337. The Age of Diocletian and Constantine the Great, Oxford-Nueva York, 2015

- Goldsworthy, A., La caída del Imperio Romano, Madrid, 2009.

- Jones,A.H.M., The Later Roman Empire, 284-602: A Social, Economic, and Administrative Survey, Oxford, 1964.

- Le Bohec, Yann y Wolff, C. (eds.), L’armée romaine de Dioclétien à Valentinien IerParís, 2004.

- Le Bohec, Y., “Constantin Ier et l’armée romaine”, en Guichard, L. (ed.), Constantin et la Gaule, Nancy-París, 2016; 245-252.

- Luttwak, E.M., The Grand Strategy of the Roman Empire, Londres, 1999.

- Parker, H.M., “The Legionsof Diocletian and Constantine”, JRS 23 (1933); 175-189.

- Richardot, Ph., La fin de l’Armée Romaine (284-476), París, 1998.

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